Das letzte Jahr hat meine Einstellung zum Reiten stark verändert. Wahrscheinlich musste ich erst vor Augen geführt bekommen, was Feli eigentlich all die Jahre für mich ertragen hat. Und ich habe sie beim Reiten noch unter Druck gesetzt. Aber fangen wir von vorne an.
Es ist noch gar nicht allzu lange her, dass Feli und ich Woche für Woche auf den Turnieren der Umgebung unterwegs waren. Meistens sind wie A-Dressuren geritten. Mir hat das jedoch irgendwann nicht mehr gereicht und ich wollte in die L-Dressur wechseln. Soweit, so normal. Natürlich waren die Noten zunächst nicht gerade berauschend. Es dürfte jedem klar sein, dass man noch nicht um Schleifen mitreiten, wenn man eine Klasse aufsteigt. Man trainiert dann weiter, arbeitet an den Kritikpunkten aus den Protokollen und wird besser. Nicht so bei Feli und mir.
Feli ließ sich nicht in Versammlung reiten. Ich erhöhte den Druck, machte ihre stutentypische Sturheit dafür verantwortlich. Und Feli tat alles, was ich von ihr wollte, bloß keine Last aufnehmen. Was durfte ich mir nicht alles anhören. Ich solle einen Profi drauflassen. Das waren wohl die ersten Reaktionen. Ich war jedoch der Meinung, dass es mir nichts hilft, wenn ein Profi mein Pferd reiten kann. Ich muss es schließlich selbst können. Zum Reiten gehört es dazu, Lösungen zu finden. Also biss ich mich durch. Die nächsten Reaktionen waren dann, dass ich ja alles richtig machen würde, Feli nur einfach nicht mitarbeiten wolle. Solche Aussagen hört man ja am liebsten. Für mich war es einfach, ihnen zu glauben. Und je mehr ich Feli unter Druck setzte, weil es lag ja an ihr, desto schlimmer wurde es.
Das Thema Fesselträgerschaden ist allgegenwärtig. Es hat unseren ganzen gemeinsamen Weg geprägt, ohne dass ich davon wusste. Feli wusste es, und sie hat es weggelächelt. Erst nach der Diagnose wurde mir wirklich bewusst, was Feli all die Jahre geleistet hat, obwohl ich oft so unfair zu ihr war. Jeder Versuch, die Versammlung zu erreichen, muss für sie unangenehm gewesen sein. Wenn nicht sogar schmerzhaft. Sie wollte es mir immer recht machen, konnte es nur einfach nicht. Wie würdet ihr mit einer solchen Erkenntnis umgehen?
Auf dem Boden der Tatsachen
Ich für meinen Teil habe mein komplettes Reiten in Frage gestellt. Heute sehe ich einiges viel klarer.
Es gibt zwei Gründe, weshalb ein Pferd nicht tut, was man von ihm möchte. Grund 1 ist, dass es einen nicht versteht, weil es die Hilfen nicht verstanden hat (z.B. weil sie zu undeutlich waren oder das Pferd die Hilfen noch nicht kennt). Grund 2 ist, weil es etwas nicht kann. In beiden Fällen ist es falsch, den Druck zu erhöhen. Im Gegenteil. Man sollte ganz ruhig reagieren und dem Pferd genau erklären, was man möchte. Pferde verarschen ihre Reiter nicht. Klar gibt es Energiesparer, die Schlupflöcher suchen, um es einfacher zu haben. Aber wer korrekt reitet, wird auch korrekte Reaktionen des Pferdes erhalten.
Ich verdanke es Batschi, dem Appaloosa meiner Mutter, dass ich diese neue Sicht aufs Reiten ausprobieren durfte. Er ist ein Energiesparpferd und konzentriert sich nicht gerne. Wenn man Hilfen gibt, spult er alles ab, was richtig sein könnte, einfach um es schnell hinter sich zu haben. Früher wurde ich irgendwann zornig. Heute atme ich einmal tief durch, fokussiere mich und versuche es noch einmal. Mittlerweile gelingt es mir, bewusst loszulassen. Also den zweiten Versuch viel lockerer anzugehen. Batschi ist dadurch ebenfalls deutlich konzentrierter geworden und arbeitet willig mit. Er ist locker und sucht immer weniger Möglichkeiten, Anstrengungen zu vermeiden. „Reiten ohne Druck“, daran muss ich mich selbst immer wieder erinnern. Aber es funktioniert.
Diese Umstellung führte dazu, dass ich viel bewusster reite. Natürlich habe ich immer noch viel zu lernen. Ich nehme meine eigenen Fehler jedoch viel deutlicher wahr und es fällt mir leichter, sie zu beheben. Und die Pferde? Die haben sichtlich Spaß an der Arbeit. Ohne Druck reitet es sich eben besser. Das ist etwas, das eigentlich jedem klar sein müsste. Trotzdem war es ein weiter Weg für mich.
Für Feli kam dieser Sinneswandel beinahe zu spät. Doch sie ist nicht nachtragend und es geht ihr unfassbar gut! Ich muss zugeben, dass ich mit einem eigenartigen Gefühl in den Sattel steige. Beinahe so, als würde ich Angst haben, zu viel zu wollen. Zu viel von Feli zu verlangen. Sie doch wieder unter Druck zu setzen.
Ohne Druck in die Zukunft
Jetzt heißt es Kurshalten und Weiterlernen! Ich möchte diese druckfreie Reitweise unbedingt auch für Nicos Ausbildung anwenden und mit ihm gemeinsam auch am Turnier erproben. Ihr glaubt gar nicht, wie froh ich bin, mit diesem neuen Blick aufs Reiten in seine Reitkarriere starten zu können. Für Nico wünsche ich mir, dass er niemals Schmerzen wegdrücken muss. Dass er immer mit Spaß dabei sein kann. Ich möchte einfach eine bessere Reiterin werden und eine Partnerin für meine wundervollen Pferde.