Es ist mittlerweile über ein Jahr her, dass Felis Fesselträgerschaden und Spat diagnostiziert wurden. Mehr als ein Jahr, seitdem Feli plötzlich Rentner wurde. Ich könnte behaupten, es wäre für mich kein Problem. Aber das stimmt einfach nicht.
Den Fesselträgerschaden muss sie bereits seit ihrer Fohlenzeit mit sich herumschleppen. Der Fesselträger ist vernarbt. Wahrscheinlich durch irgendeine Verletzung. Bei uns war Feli nie ernsthaft verletzt und bei ihrer Vorbesitzerin auch nicht. Es bleibt also nur die Zeit von der Geburt bis zum vierten Lebensjahr. Da der Fesselträger normalerweise wie eine Stoßfeder wirkt, kann man davon ausgehen, dass große Belastungen für Feli schon immer unangenehm waren. Und man kann sich leicht vorstellen, dass diese Tatsache Spat begünstigt hat. Spat entsteht durch zu große oder falsche Belastung. Es war also nur eine Frage der Zeit, bis Felis Bein nicht mehr mitspielt.
Trotzdem waren wir nicht darauf vorbereitet gewesen. Feli hatte ihre Probleme immer gekonnt überspielt. Wahrscheinlich hat sie es nie als Problem erkannt. Sie kannte es schließlich nicht anders.
Wenn ich mich zwischen Feli und dem Reiten entscheiden muss,
wird meine Wahl immer auf Feli fallen.
Das erste Jahr als Rentner
Die Diagnose bedeutete letztendlich das sofortige Turnier- und Trainings-Aus für uns. In der Anfangszeit konnte sie nur Schritt auf hartem Boden gehen. Sie verbrachte viel Zeit auf der Weide. Wir haben etwas Bodenarbeit gemacht. Im Winter bereitete die feuchte Kälte ihr besonders Schwierigkeiten. Ich dachte, ich würde sie womöglich nicht mehr lahmfrei erleben.
Als es dann wieder wärmer wurde, war Feli voller Tatendrang. Das Rentnerleben ist ihr wohl doch zu langweilig. Ich muss zugeben, ich hatte Angst davor, sie wieder zu reiten. Zu viel zu wollen. Ich hatte Angst, es könnte nicht wie früher sein. Deshalb stieg ich nur sehr selten auf. Feli reichte das nicht und das demonstrierte sie eindrucksvoll. An einem Tag wollte meine Schwester locker ohne Sattel reiten. Da explodierte Feli. Kaum saß meine Schwester auf Felis Rücken, stieg sie vorne hoch. Ich holte sie sofort vom Pferd und hängte Feli an die Longe. Und Feli trabte, als hinge ihr Leben davon ab. Schwungvoll, raumgreifend und komplett lahmfrei. Ich bin bis heute davon überzeugt, dass Feli mir an diesem Tag sagen wollte: „Hey, reiß dich endlich zusammen! Mir geht es gut, ich kann und will laufen, lass uns trainieren!“
Tja, seitdem reite ich Feli wieder und möchte beinahe behaupten, dass die Maus nie zuvor so arbeitswillig und locker war. Feli bestimmt, wie viel wir machen. Wenn sie keinen guten Tag hat, lassen wir es eben. Ich genieße jeden Ritt in vollen Zügen, denn ich kann nicht wissen, wie lange es noch so sein wird. Aber ich weiß jetzt, dass ich Feli nicht in Watte packen darf. Rentner sein heißt nicht, tatenlos herum zu stehen. Ich will bloß, dass es Feli gut geht. Und wenn das Reiten dazu beiträgt, dann machen wir das eben.
Zuchtpferd statt Rentnerin
Ein wichter Schritt war außerdem, Feli noch einmal tragend zu bekommen. Sie ging 2016 total in der Mutterrolle auf. Und ein weiteres Fohlen groß zu ziehen, würde Feli wiederum beschäftigen Natürlich ist auch die Tragzeit mit einer Belastung der Hinterbeine verbunden, weshalb wir die Problematik erst mit dem Tierarzt absprachen, der den Fesselträgerschaden diagnostiziert hatte. Er gab sein Okay.
Jetzt ist Feli also wieder tragend und wir erwarten im April 2020 ihr zweites Fohlen. Es wird ihr letztes werden, damit bin ich mir sehr sicher. Danach wird sie hoffentlich soweit sein, ihr Renterleben anzunehmen. Ich wünsche es ihr vom Herzen.
Alles zum Fohlen erfahrt ihr im Fohlentagebuch.